Ensemble der Dinge

Die Dinge sind gegeben oder werden aus nächster Nähe arrangiert.
Zufallsfunde ergänzen planmäßig Gesetztes, Gestelltes, Gelegtes.
Dabei bleibt gleichgültig, haben die Dinge miteinander zu tun, jemals miteinander zu tun gehabt oder nicht. Befragt wird der Augenblick ihrer Zusammenkunft. Dieser ist übereinkünftig und zugleich voller Widersprüche. Ein mehrfaches, ja vielfaches Spannungsverhältnis, das jedem Stillleben zugrunde liegt.
Wort und Begriff Ensemble:
Ein Stillleben ist häufig ein Ensemble aus Dingen, zufällig oder willkürlich zusammengestellt, zusammengelegt, zusammengesetzt. Es gibt komponierte und arrangierte Stillleben, die vielleicht zu unterscheiden wären von solchen, die durch Zufall oder Natur gefügt oder gewachsen sind. Aber auch im Hinblick auf diese nimmt der Maler einen bestimmten Standpunkt ein. Er malt aus einem bestimmten Winkel, zieht einen künstlichen Rahmen, beschränkt sich auf einen selbstgewählten Ausschnitt. Auf diese Weise ist er an der Entstehung des Ensembles mehr oder weniger beteiligt, also noch ehe er es auf die Bildfläche überträgt.
Die klassische Tradition schreibt vor, dass das Malen nach der Natur, also nicht aus dem Gedächtnis erfolgt. Es wird vorgenommen in der leibhaftigen Gegenwart, der stofflichen Präsenz der Gegenstände, die zu Bilde kommen sollen. Doch ist diese Regel schon früh durchbrochen worden und eine idealtypische Vorschrift geblieben. In der Neuzeit und nachweislich in der Moderne sind viele Stillleben aus der Erinnerung entstanden, wobei Skizzen zu Rate gezogen wurden. Es ist also kein grober Verstoß, ein Stillleben z.B. nach einer Aufnahme zu malen, die man selbst gemacht hat.

Der Ausdruck Ensemble kommt aus der Bühnenkunst. Er hat sich dann auch in der Musik durchgesetzt und bezeichnet eine Instrumental-, Gesangs- oder Tanzgruppe, durch die ein Musikstück vorgetragen oder interpretiert wird. Es leitet sich ab aus dem französischen Adverb ensemble = miteinander, zusammen, dem wiederum das lateinische insimul vorausgeht in der Bedeutung zugleich. Im Deutschen erinnert daran das Wort simultan.
Es geht also um eine Gleichzeitigkeit, um ein Zugleich, in das die Dinge des Stilllebens gestellt oder geraten sind. Die Stilllebenmalerei versucht, dieses Miteinander darzustellen und die darin verborgenen oder erscheinenden Antagonismen, den heimlichen oder offensichtlichen Widerstreit zu erfassen. Natürlich ist in jedem Miteinander auch ein Gegeneinander zu verspüren. So lässt sich die Stilllebenkunst ein auf die Dynamiken, auf die Interaktion, die in solch einer Dingversammlung wirksam wird.(1)

[1] das Wort sammeln ist übrigens mit simul und insimul verwandt; jede (An)Sammlung von Objekten vermag ein Stillleben abzugeben.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert