Eines Tages werden Dichtung und Kunst wieder den Schwan entdecken. Seine im Todesgesang erworbene, gleichsam unsterbliche Sterblichkeit lockt und wirbt schon heute. Man wird die Stunde des Sterbens nicht mehr so brüsk verwerfen, sondern singend untergehen, nicht mehr stumm wie ein Fisch und hinabgezogen von den schweren Dingen, die ein Leben lang aus dem Bildschirm hervorgeholt worden sind.
Der Verzicht auf fremden und eigenen Gesang war eigentlich immer schon Torheit, nur geringfügig entschädigt durch das Gerausch der wilden Heere, die am nächtlichen Himmel vorbeiziehen.
Aber die Malerei wird kommen und die Zeichenkunst auch und mit wenigen Strichen hinwerfen, lebensecht in jedem Strich, in jeder Strähne, in all den Fittichen, die wir beim Studium der schwarzen Serien, die im Monitor vorüberwandern, ab und zu aus der Stirn streichen.
Wenn die hohe Zeit der Schwäne wieder gekommen sein wird, dann wird es auch wieder Schuhputzer geben, die mit Hockern und schwarzer Schuhwichse durchs frisch bestellte Land ziehen.
Es wird wieder Schornsteinfeger und Glückspilze geben. Man wird zwischen vielen heiteren Bildsäulen in der Welt herumstehen, alle in blankpolierten Schnürstiefeln, schwarz oder bunt, die Hälse turnusmäßig entrußt von der damit beauftragten Kaminkehrerzunft.
Wen oder was es sonst noch geben wird, das wissen wir nicht. Vielleicht eine Clique aus Schwanenpriestern. Sie tragen weiße Kittel und Fittiche und heben, genau wie die Kaminkehrer und Schuhputzer, ab.
Authentische Tierarten werden dann gelegentlich heiliggesprochen: die Schneetaube, das Hermelin, der weiße Wal, alle weiß geratenen Goldfische. Albinos und Schneemenschen werden wieder etwas bedeuten. In allen Kreaturen rückt der Weltmorgen näher, das Ende der Müdigkeit naht. In den ganz blassen oder sogar transparenten Geschöpfen, als deren Vorhut die Schwäne in dieser ausklingenden Zeit erschienen sind, ist der neue Tag fast schon angekommen. Zuletzt werden sich auch die Schornsteinfeger und die Totengräber ihrer schwarzen Kluft entledigen. Die Schuhputzer reinigen mit Watte und Schnee ihre Hände.
Es wird nichts überstürzt, sondern alles sehr gemächlich erfolgen, bis der letzte dunkle Fleck getilgt und bereinigt sein wird.
Auf die Sekunde genau wird dann das universale Erblassen einsetzen, ohne Abschied und Wehgeschrei, ohne Fanfarengetöse, sondern so natürlich und schlicht, wie der Dampf, der aus dem Moor steigt und sich im Frühhimmel auflöst.