Gespräche zwischen Menschen und Tieren 2

Uns selbst, als genügsamen Insassen dieser von jeder echten Kommunikation mit der Tierheit abgeschotteten Kulturräume, sind den Mangel allzu gewohnt, um ihn noch empfinden zu können. Längst haben  wir Sätze wie den vom „Rechtschaffenen, der die Seele seines Viehs kennt“, Sprüche 12, 10, als bloß metaphorische Rede abgetan. Und von der einen oder anderen menschlichen Ausnahmenatur mag es noch heißen, dass sie mit den Tieren des Feldes redete und zu den Vögeln des Himmels. Doch auch hier weiß man sich längst in handfestere und realistischere Zeiten versetzt und liebt Märchen, eben weil in ihnen das sonst verstummte Gespräch mit Ameise, Ziege, Schlange noch nicht verstummt ist.

„Wie eng ist doch dieses Wort Liebt einander, wenn es sich nur um die Menschen handelt. Wie wohltuend wird es sein und wie gerne hätte ich es erlebt, mit einem Hund zu sprechen, ihn zu fragen, was er denn so denkt, und diese verschiedenen Eindrücke interessieren uns alle, selbst wenn er uns von seiner Darmtätigkeit erzählt. Das ist poetisch, werden sämtliche Journalisten, Snobs und Klatschtanten in diesen Zeiten sagen. Aber das alles wird passieren, wenn ich nicht mehr da bin …“.

Michaux war zu Lebenszeiten keine Gelegenheit gegeben, Einspruch zu erheben gegen die unernste Einschätzung künftiger Zeitungsleute und oberflächlicher Meinungssnobs. Dass Hunde etwas zu sagen haben könnten, wozu menschlichen Vertretern nichts mehr einfällt, kam diesen Leuten nicht in den Sinn. So werden auch diese künftigen Zeitalter, obgleich mancher Riss zwischen den Kreaturen durch die neuen Verständigungsmöglichkeiten mit- und untereinander gefüllt und gut verfugt sein wird, in ihren Zeitgenossen Schwächen zeigen, die wir schon heute bedauern. Man wird, so steht zu befürchten, den animalischen Diskurs, ins Ästhetische ziehen, stets darauf bedacht, ihnen den vollen Anteil am Seelenwesen oder an der Vernunft abzusprechen oder vorzuenthalten. Alles Beurteilen wird wieder von oben herab sein. Man wird sie sortieren, die Gattungen und Arten, gründlicher als ein Linné, Hierarchien und Klassen einrichten, um Ordnung zu schaffen im beredten Reich der Natur. So wäre denkbar, dass einzelne Populationen zu Dialekten, Privat- und Geheimsprachen zurückkehren. So wird auch der Hund zuletzt seine Beobachtungen zur Darmtätigkeit lieber für sich behalten als sie einem abschätzigen Austausch preiszugeben.

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