Dort liegen sie alle, unsere Generationen und die davor, verfrühte Geburten, erfüllte Schicksale, abgerissene Lebensfäden.
Freund Stentor geht gerne auf Friedhöfe. „So lange ich dort noch nicht liege, gehe ich gerne“, sagt Stentor. „Wenn ich erst einmal unter der Erde bin, wer weiß, ob ich dann noch frei und beteiligt Gräber besuchen, Inschriften anschauen, Funeralkunst begutachten kann.“
Auf dem Stöckener Friedhof kommt Stentor an einem steinernen Wasserbecken vorbei, über dem ein breiter Hahn angebracht ist. Dort füllen die Grabbesucher ihre Kannen aus grüner Plastik und gelben Kunststoffen. Dann gehen sie zu den Gräbern, um dort wachsende Pflanzen zu gießen.
Unter den erwähnten breitschnabeligen Hähnen gibt es solche, die tropfen. Manche tropfen emsig, andere nicht, manche sehr langsam und taktvoll, andere sachte, still und bemüht, reguläre Kringel ins darunter gebreitete Wasser zu werfen.
Es sind natürlich keine Trinkwasserstellen, sondern allegorische Brunnen, in denen das Tropfen anspielt auf das Verrinnen der Zeit im Spiegel einer exemplarischen Ewigkeit, die von den Rändern der Wasseroberfläche mutig umfasst und eingehalten wird.
Im Sommer schwimmen tote Fliegen, Käfer steigen aus der Tiefe auf und wieder zurück. Keine unsterblichen Taucher, aber ihr Mut regt zur Bewunderung an.