zu letzthin entstandenen Bildern

Spiel mit dem Gedanken, die letzthin entstandenen Bilder – ca. 80 x 100 cm – Narrative zu nennen.

Zu anderen passt besser Skript, oder noch besser Deskript.

Der Unterschied ist: die einen erzählen etwas, die anderen erzählen oder schreiben irgendwas.

Beschreiben.

In allen schwingt örtlich eine leichte Selbstironie mit. Sie stellen sich selbst in Frage und erwägen fortwährend, so oder anders zu sein, ein wenig davon, ein wenig dortvon.

Dieses Spiel der Bilder untereinander und mit dem verfügbaren Material, vermutlich auch mit ihrem Macher, ist außerordentlich schätzenswert.

Es hat den Reiz eines Rätsel- oder Ratespiels.

Mit der Wahrnehmung von Verschlissenem, Zerstückeltem, fadenscheinig Gewordenen, Zerbeultem usw. hat es eine eigene Bewandtnis.

Man kann die Sachen ansehen und sagen, Scheiße, wieder was Kaputtes, wieder so eine Abmahnung, eine Vorerinnerung von Tod und Verderben, ans eigene Umkommen. Sind uns da Totenschädel mit brennender Kerze daneben nicht doch lieber, triftiger, symbolischer?

Aber man kann auch bei sich sagen: so unbrauchbar und defekt geworden sieht das ja ganz anders aus als vorher, als es noch funktionieren musste.

Jetzt paddelt es durch den Raum, wobei es doch ganz still liegt. Es sieht aus, wie animiert durch Phantasien, die zuvor keinen Zugang und Eingang dazu hatten.

Es sieht jetzt eigentlich richtig komisch aus, wirklich.

Erst jetzt, wo der Lack ab, die Oberschicht wegblättert ist, aufgekratzt, schrundig.

Darunter eine andere Schicht. Auch die kann man wegheben oder neu und anders überschichten.

Oberfläche erstreckt sich vielschichtig. Die unteren Schichten scheinen stellenweise durch die oberen durch, und umgekehrt.

Damit beginnt ein ironisches Verhältnis sich zu entwickeln, zwischen Gegenstand und Betrachter. Eine Wechselbeziehung, die sich mehr und mehr auf die betrachtende Person auswirkt und sie „mitnimmt“, sie fortreißt.

Ironie erfordert zugleich ein distanziertes Selbstverhältnis. Man schaut sich über die Schultern, schaut sich in die Karten usw.

Unser persönliches Elend macht für die Einsichten, die eine scheinbar kaputte Oberfläche voller Löcher und fadenscheiniger Stellen liefern kann, Phantasie notwendig (Leonardo) und Gemütseigenschaft, die man einigermaßen treffend als bescheidenen Humor beschreiben kann.

Ganz ohne Humor kann man dem Anblick des persönlichen Elends, in dem alle stecken / alles steckt, schwerlich standhalten. Man bleibt stecken, versackt.

Zum Glück sind Humorspuren in allen Menschen vorhanden. Sonst hätten sie keinen Spaß an Witzen, keinen Spaß an der Freude, insbesondere keine Lust auf ganzes Leben – und nicht zuletzt auch auf Kunst.

Sonst müsste ihnen auch die eigene, auf den Tod zielende Existenz, die durch sie hindurchzieht, auf die Dauer (und zwischendurch immer wieder) ziemlich unerträglich werden.

Dem persönlichen Elends ins Auge, ins Antlitz zu blicken ist kein masochistischer, kein selbstquälerischer Akt, sondern erfüllt mit einer merkwürdigen Genugtuung. Man macht eine Entdeckung dabei, findet  – oder erfindet was.

Wenn wir heute aktuelle Kunst in ihren tausend Ausformungen anschauen, werden neben Verblüffung und Staunen, was alles möglich ist, was alles zur Erscheinung drängt, was alles vorkommt, auch Sinn für Witz, Ironie und Bedeutung erfragt.

In gewisser Hinsicht beginnt ‚Bedeutung‘ sogar mit dieser Anfrage.

Damit setzt Sinn an in seinen vielfachen Schattierungen, als Eigensinn, als Kunstsinn, ja auch als Widersinn – Widersinn als allgegenwärtige Paradoxie, als Ironie des Schicksals, das einen auf Sinnsuche ansetzt, Widersinn, dem man von Anfang bis Ende ausgesetzt bleibt, egal, ob man glaubt, an Gott, an die Sterne, an Zufall oder Karma, an Technik, „die“ Realität, oder an die Menschheit.

Den Widersinn wird man nur scheinbar los, etwa dadurch, dass man ihn nicht zur Kenntnis nimmt. Aber im Untergrund und Hintergrund wirkt er zum Trotz umso hartnäckiger fort.

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