Eine große Auktion bei Sotheby, dem weltweit führenden Auktionshaus für Kunst. Der Saal ist voll besetzt. Den Schluss- und Höhepunkt dieses gesellschaftlichen und für Kunstmarkt und Kunstwelt Zeichen setzenden Ereignisse: die Versteigerung einer auf Papier ausgeführten Arbeit des ebenso berühmten wie [bislang] nur unter seinem Sgraffitikünstlernamen Banksy bekannten Mannes. Anonym / pseudonym. Seine Arbeiten, sofern sie überhaupt beweglich sind und nicht auf Mauern im öffentlichen Raum festsitzen, werden hoch gehandelt.
Der Wert des gerade zu versteigernden Bildes [„Girl with a balloon“, 2006] wird auf über eine Million Dollar geschätzt. Die Versteigerung des Bildes beginnt und es bewegt sich rasch über den Schätzpreis hinaus. Am Ende 1,4 Millionen Dollar. Als der Verkauf abgeschlossen ist, passiert etwas, was in der Kunst[-Markt-Welt] bisher noch nicht geschehen ist: eine Schreddervorrichtung, durch den [auffällig] den dicken goldenen Rahmen und hinter dem Bild verborgen, tritt mit dem rituellen Hammerschlag des Auktionators in Funktion und zerschreddert das Blatt ohne Erbarmen.
Banksy, der diesen Vorgang durch Fernbedienung der Apparatur ausgelöst hat, befindet sich nicht im Saal. Für ihn ist die Wahrung seiner Anonymität vorrangig.
Auf dieses Ereignis und dessen Bedeutung für den Performancebegriff, für den Kunstmarkt und die Kunstsammler, alles in allem für die kunstinteressierte Öffentlichkeit, geht Elizabeth Dee ein in einem Artikel, den artnet news am 9. Oktober 18 ins Netz gestellt hat. Die Autorin ist Galeristin und Mitbegründerin der Independent Art Fairs in Brüssel und New York. Sie bemerkt dazu u.a.:
Having sold performance in my time as a gallerist, I think this signals a watershed moment for performance art as well as marketing strategies around live experiences. A decade ago, selling a performance was unheard of, and using brand positioning strategies to promote art was considered gauche.
Now, those reservations have evaporated. This Banksy sale is the culmination of a decade-long, largely unconscious shift. It has revealed performance art’s potential to subvert the traditional model of how art is bought and sold. In the process, it also reveals a potentially more troubling development: the growing potential of marketing, more than expertise, to establish the value of art.