im Klettersteig

das letzte Stück: durch die Tiroler Berge zurück:

Knappe Beschreibung des Kletterstiegs durch die Malgrieder Klamm:
Durch ein kurzes, aber senkrecht verlaufendes Waldstück gelangt man in den Einstiegskamin. Gute Markierung: ein sitzender Löwe, der seine Rechte zum Berggruß erhebt und infolge seiner flammenden Mähne auch nach Einbruch der Dunkelheit noch von den Baumstämmen und hervorspringenden Felskanten leuchtet.
Im Übergang zum Kamin die berüchtigte Steilflanke. Hier klinkt man sich ins Hängeseil ein und nimmt alle Gewandtheit zusammen, um in einem halbkreisförmigen Schwung Fuß auf der anderen Seite zu fassen. Einen ganz schmalen Sims gibt es dort, auf dem auch geübte Kaminsteiger selten gleich beim ersten Mal Fuß fassen. Falls es gelingt, entschädigt eine reizvolle Begrünung des Blicks für die überwundene Strapaze. In gigantischen Bärten und Polstern hängt aus dem Schacht, der den Ankömmling in regungsloser Miene fixiert, das grandiose Smaragdmoos.
Nun geht es mit Klammern und Steigeisen weiter. Wieder am Löwen vorbei. Nun auch er riesengroß, auf der Unterseite eines bedrohlich hervorspringenden Überhangs thronend. Die gestreckten Klauen und die lidlose Iris umgehen. Im Halbbogen – da empfiehlt sich’s zu robben – durch die schwefelgelb flammende Mähne hindurch. Ein urzeitlicher Übergang in den nun anschließenden oberen Teil des Kamins. Hier klettern die örtlichen Temperaturen, und zwar gerade im kältesten Winter und erlangen zuweilen tropische Werte. Wahrscheinlich eine vorgeschichtliche Feuerstelle, ein prähistorischer Verbrennungsort, der polythermische Materiallift unserer vorgeschichtlichen Ahnen.
Das Kaminende erreicht man zuletzt über dünne Steigleitern, wie wir sie aus den Schloten der inzwischen stillgelegten Hochöfen kennen. Ganz oben zwängen wir uns mit den Schultern durch die Öffnung hindurch, Bewundrer eines einmaligen Ausblicks, der weit über Höchst und die bedächtig qualmenden Farbwerke geht.

*) veröffentlicht in Gaismair Kalender 1994 von der Michael-Gaismaier-Gesellschaft Innsbruck (mit Unterstützung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport, der Kulturabteilung der Tiroler Landesregierung und der Stadt Innsbruck), S. 65 – 68

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