Wer glaubt, glaubt dafür an anderes nicht. Glauben schließt ein und glauben schließt aus.
Das ist unvermeidlich. Wer glaubt, dass es die Wirklichkeit gibt, die Realität, die Wahrheit, schätzt andere Bereiche als unwirklich, als irreal, als unwahr ein usw.
Glaube und Unglaube bedingen einander. Sie sind auf einander angewiesen.
Umso wichtiger ist es, dass eine ‚gläubige‘ Person die ungläubige Seite in sich zur Kenntnis nimmt, dann nicht verurteilt oder verwirft, sondern mit aller Kraft für sie eintritt.
In diesem Sinne bittet der Vater des besessenen Knaben, für den er von Jesus Heilung erfleht:
„Hilf meinem Unglauben, boéthei mou te apistia!“ Markus 9, 24
Der Mann erbittet nicht das naheliegende „hilf meinem Glauben“ oder „stärke mich in meinem Glauben, dass die Heilung gelingt“.
Er tritt ein für die dunkle und widerstrebende Seite in sich selbst.
Genau darum geht es, nicht bloß die helle, die beleuchtete Seite in einem Menschen zu stützen, zu ‚affirmieren‘, sondern die andere, unter Umständen kontrahente Gegenseite zu kräftigen.
Ich glaube, hilf mir auf in dem, was mich als Unglaube ankommt.
Allzu leicht, allzu schnell, allzu unbesehen und pauschal wird abgetan, was sich alles an Glaubwürdigem in Unglauben, in Nichtglauben zusammengefunden hat. Es wird rasch und leichtfertig für ‚böse‘ befunden.
„Sollte der Teufel, als der Vater der Lüge, selbst nur ein nothwendiges Gespenst seyn?“ Novalis.*
*) Fragmente und Studien III, 1799/1800 Werke (Hg. Mähl), Bd. II, 841