unverträglich

Wenn man versucht, dem Bösen eine Qualität zuzuschreiben, die frei von einer moralischen Bewertung ist, kommt man auf seine Unverträglichkeit.
Dieser Begriff ist doppelsinnig.
Er beinhaltet einmal die Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, bösartige Erscheinungen sinnvoll in einem System, in einem psychischen Haushalt, in einer vernünftigen Weltsicht, in einer traditionell christlichen Einschätzung Gottes unterzubringen. Es bleibt Fremdkörper, Organ oder Organismus, das sich nicht implantieren lässt.
Zum anderen deutet der Begriff an, dass mit dem Bösen kein Vertrag zu machen ist. Es sperrt sich gegen jede Form von Bündnis, Vereinbarung, Konvention. Damit ist es ein störender, ja zerstörender Faktor in allen sozioökonomischen Zusammenhängen. Ohne je einen Vertrag eingegangen zu sein, verleitet es zu Vertragsbruch. Darin zeigt sich eine der charakteristischen negativen Auswirkungen des Bösen. Es lockt, indem es Unabhängigkeit, ja sogar Befreiung verheißen kann.
Es lässt sich niemals festmachen. Weder als Begrenzung, noch als fataler Schritt konturiert es sich. Es setzt sich aus kleinen Schritten und winzigen Übertretungen zusammen, die im Einzelnen tatsächlich emanzipativ sein können, geeignet, um aus obsolet gewordenen Vertragsrahmen und einseitigen Abhängigkeiten und historisch überfälligen Bindungen oder Allianzen herauszuführen.
Dieses Doppelgesicht des Bösen, geschichtlich, im Sinne einer schritt- oder stufenweisen Entwicklung nützlich zu sein (oder zu scheinen), bei gleichzeitiger Willkür und „systematischer“ Schädlichkeit, macht aus jedem bösen Phänomen etwas sehr Schillerndes, eine niemals prognostizierbare und rational einzuschätzende Größe.

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