unser und mein

Deutsch ist unsere Sprache. Nur dadurch, dass es unsere Sprache ist, kann es auch meine sein. Sie gehört dir ebenso vollständig wie mir. Die Teilhabe der Einzelnen ergibt sich daraus, dass alle, dass wir alle Anteil an ihr haben.
Wir alle ist keine ausgrenzende Bestimmung. Sie kann in dem Augenblick ausgrenzend werden, wo die Partizipation an diesem gemeinsamen Gut verhindert, verweigert oder versperrt wird durch die ‚Teilhaber‘. Doch das Recht dazu haben sie ebenso wenig wie sie ein Anrecht darauf.

In der zweiten Beracha nach dem Schema, dem jüdischen Hauptgebet, heißt es.
„Wer ist wie du unter den Mächtigen, Ewiger? Wer ist wie du, … Wundertäter! Dein Reich schauten deine (Menschen)Kinder, als du das Meer vor Moses spaltetest. Er ist mein Gott, riefen sie aus und sprachen: der Ewige regiert immer und ewig!“
Erst – und nur – die gemeinsame Erfahrung kann zu einer individuellen, einer wirklich persönlichen Erfahrung werden. Nur dadurch allein ist sie gesichert und gewiss gemacht.

Als bloß subjektive Vision bliebe das Reich Gottes eine große, eine bedeutende aber unbeständige Hoffnung.
So aber, als einst gemeinsame Erfahrung, zeigt sich dieses Reich als eine immer neu abzuwartende und dadurch erstarkende Erwartung.

Die eingetretene, wahrscheinlich von Anbeginn an eingetretene Auflösung der kollektiven Gottesidee fragmentiert auch die individuellen Anteile. Doch ist es dieser jeweils individuelle Bruchteil, der gewartet, gepflegt, kultiviert werden sollte, da allein in ihm die kollektive Möglichkeit als übergreifende und umfassende Potenz enthalten ist. Die Hege dieses Anteils ist beispielhaft vorweggenommen im Bild der adamah, der Erde, bzw. des daraus/darauf gepflanzten Gartens durch die ersten Menschen: sie sollen ihn bearbeiten, wahren und warten, l’abedah w’l’schamrah, Genesis 2, 15.
Die Wahrung schließt paradoxerweise die Bearbeitung mit ein. Auch kann man nur das wirklich ‚wahren‘, dessen man in der Wirklichkeit gewahr wird. Individuelle Arbeit gibt nur dann Sinn, wenn sie auf ein Übergreifendes hin angelegt ist und im Kontext anderer und ähnlicher Bearbeitungen erfolgt. Im Einzelnen mag Sinn, Zweck und Ziel solcher Arbeit verborgen bleiben oder verdeckt sein durch näherliegende Zwecksetzungen. Aber jede Arbeit erhält allein aus dem Zusammenhang mit anderen Arbeiten einen Sinn.

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