eine symbolisierende Kunst

Symbolik und Ikonographie des Stilllebens
Malerei stellt Bilder her, Artefakte, in denen unterschiedliche Inhalte und mitunter gegensätzliche Aussagen auf eine Ebene gebracht sind. Es geht um die gleichzeitige Darstellung vordergründiger und hintergründiger oder manifester und latenter Bedeutung, wobei es sich bei der manifesten Bedeutung um das handelt, was man von einer Sache oder einem Motiv her kennt (oder zu kennen meint), während die latente Bedeutung oft einem Vergessens- oder Verdrängungsprozess anheimgefallen ist. Sie ist als solche unterdrückt worden oder gegenüber der manifesten Bedeutung ins Hintertreffen geraten.
Der Vorgang des Symbolisierens gehört dem menschlichen Seelenleben an. Die Fähigkeit dazu gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ‚gesunden‘ Welt- und Selbstverständnisses. Ganz simpel ausgedrückt: alles hat seine Kehrseite. Diese kann und muss nicht jederzeit präsent und im Bewusstsein gehalten werden, aber es ist wünschenswert, dass die „andere Seite“, der verschattete, abgewandte oder unbewusste Aspekt zugänglich bleibt. Es ist das Verdienst der Kunst, Zugänglichkeit in diesem Sinne zu gewährleisten und im Artefakt zu vergegenwärtigen, der Betrachtung nahezubringen.

Stillleben als Andachtsbilder, Andachtsbilder als Stillleben
„Federico Borromeo (1564-1631), seit 1595 Erzbischof von Mailand, hatte in den 1590er Jahren in Rom begonnen, Gemälde zu erwerben. Seine Vorliebe für Landschaften und Stilleben begründet er mit mangelnder Zeit für Studium und Gebet in der Natur.“
Für die Werke dieses Genres ist eine ruhige, ja meditativ wirksame Ausstrahlung wenn nicht typisch, so doch häufig anzutreffen. Stillleben sind Sinnbilder, regen zu einem Nachsinnen an, das sowohl in Richtung Grübelei über Leben und Tod, Zeit und Vergänglichkeit gehen kann, wie auch in Richtung Gebet, Danksagung, Versenkung bis hin zur Entrückung. Wie jene Sorte Bilderrätsel, die man Rebus nennt, oder auch wie die alten Vexierbilder, fordern die Stillleben in ihrer Sprache zu einer Beschäftigung heraus, die nicht beim schönen Schein der Dinge stehen bleibt, sondern der symbolischen Mehrfachbedeutung auf den Grund kommen will. Unter diesem Gesichtspunkt stellen sich die Stillleben den religiösen Andachtsbildern zur Seite oder treten, wenn man so will, in gewisser Hinsicht deren Nachfolge an. Dabei sind an die Stelle der sakralen Gegenstände vorwiegend Naturdinge getreten, die in die Gesellschaft menschengemachter Sachen treten. Die Übergänge können fließend sein, oder auf Kontrast herausgearbeitet.

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