Alle Dinge singen das Lob Gottes, alles rühmt ihn, alles erhebt ihn, alles preist ihn, alles singt ihn.
So seine Verkünder und Anbeter.
Tritt man da hinzu, hört es sich erst einmal an wie Beschwörung: so soll es sein, so sollte es sein.
Aber seien wir doch ehrlich: es ist kein Lobeslaut zu hören.
Eine Fliege summt, ein Stück Holz knackt, eine Tür schlägt zu, eine Autotür, ein Hund bellt, ein Staubsauger oder Laubbläser heult, eine Verkehrsmaschine zieht in großer Höhe brummend ihre Bahn,ein Kind schreit.
Kleine und große Geräusche, die sich bei gutem, bei wohlwollendem Hinhören anreichern zu einem vielstimmigen Chor – aber sind das die Stimmen, die Gott singen und rühmen?
Wir bewegen uns wesentlich in einem gottfreien Raum. Anders kann es nicht sein. Sonst würden wir uns nicht bewegen, nicht miteinander und gegeneinander agieren können. Der gottfreie Raum ist die Voraussetzung für unser frei entschiedenes Handeln. Handlungsspielraum. Eine gewisse, wenn auch limitierte Souveränität, eine Autonomie im Vakuum, das wir selbst ausfüllen und auszufüllen haben. Ein Blankoraum, den wir mit Gedanken, Worten und Handlungen beschreiben, ausführen, bemalen, bezeichnen.
Dieser Raum, in dem wir uns bewegen, ist von Gott geräumt.
Das ist die kabbalistische Lehre vom ‚Zimzum‘.
Raum – uns überlassen, um darin zu tun und zu lassen, was wir für gut und richtig halten.
Ein Hohlraum, umhüllt und durchdrungen von Stille, von einem Verschweigen Gottes.
Eine Tiefe Stille, die diesen Raum und uns darin umgibt – und doch nur Oberfläche, Haut.
Sie umspannt und deckt ab, was uns und diesen Raum umgibt.
Diese Umhüllung, diese Umgebung begreifen wir nicht.
Wir sind aus ihr oder vielmehr in ihr entrückt, entzogen innerhalb der Enklave, die unsere Welt ist.
Es gibt Augenblicke, in denen diese umschließende und gleichzeitig ausschließende Hülle durchlässig wird für das, was ‚dahinter‘ geschieht.
Es kommt vor, es geht auf in einer Art gemeinsamer Entrückung.
Es wird zum Rauschen, das die Stille bedeckt hält, als Fluten, in dem unser Raum, dieses Vakuum, wie eine Luftblase schwebt.
Ein unaufhörliches Fluten, Strömen und Rauschen, das z.B. Hesekiel in seiner Vision schildert: das Geräusch der Räder des Thronwagens, das Rauschen der Flügel der vier Lebewesen.
Die Propheten und Psalmendichter haben es erlebt, ein Mal und immer wieder.
Sie geben es, poetisch und prophetisch in ihren Worten, das Lob Gottes, in dem das All erschallt. Denn die Stille, die unsere Weltblase umspannt , ist osmotisch, nicht hermetisch, sondern durchlässig. Unablässig, für uns wie ‚zuweilen‘, steigen aus der Stille die kleinen Laute auf, die Elia gehört haben mag, als er, in eine Felsmulde geduckt, erlebte, wie Gott an ihm vorüberging: nichts, nichts als ein feines Geräusch.