Angst

Angst macht Angst,
Angst macht dumm.
Weite Bereiche menschlicher Dummheit gehen auf vorgängige Einschüchterungen zurück.
Ein Nährboden für Angst vor Strafe, Angst vor Versagen. Der Zuspruch „Fürchtet euch nicht!“ ist jederzeit und allezeit angesagt, weil jeder Lebensaugenblick bedrängt und gefährdet ist durch die Furcht, diesen Augenblick zu leben. Eine Furcht, die dazu bringt, diesen Augenblick nicht zu leben. Die Sorge oder Bedenken, ihn nicht durchstehen zu können, darin unterlegen zu sein, daran zu scheitern, diese Furcht verfolgt und geht vor einem her, sie umzingelt und lässt, wen sie gepackt hat, nicht mehr freiwillig los.
Dieses „Fürchte dich nicht, fürchtet euch nicht“ ist eine Beschwörung nicht nur der Furcht, die von ihnen selbst, von den Himmlischen ausgeht, sondern eine Beschwörung der Lebensangst oder der Todesfurcht, die in jedem Sterblichen steckt und lauert.
Angst ist lebensfeindlich, wie umgekehrt Leben und Lebendigkeit Ängste nicht nur weckt, sondern ihnen auch begegnet und standhält.
Der Ruf „Fürchtet euch nicht“ ist gegen alle Ängste gerichtet, eine Art Kriegserklärung und Kriegsruf. Dem Leben, das in den Sterblichen ist, soll er gleichzeitig zur Ermunterung und Ermutigung dienen, aufs Leben gemünzt.
Angst macht dumm. Sie blockiert. Die Mutlosen und Entmutigten entwickeln Tücken, Listen und Hinterlisten, um sich zur Wehr zu setzen. Aber diese Tricks lassen nur kurzfristig aufatmen, langfristig besteht die Gefahr, sich in den selbstgelegten Schlingen zu fangen und zu verheddern.
Ängste kommen vom Tod her und Leben ist ein Angehen gegen diesen Tod, der unterschwellig, aller Aufklärung und allen Vernunftgründen zum Trotz, als Strafe empfunden wird für verfehltes Leben. Tod als Todesstrafe für vertanes Leben.

„Fürchtet euch nicht!“ ist Appell an einen Lebensmut, der merkwürdigerweise nicht etwa in Trotz oder in einem widerständigen „Dennoch“ beginnt, sondern in einer sonderbaren Grundstimmung, in einem sonderbaren Grundgefühl, das man am besten kennzeichnet mit dem eigen- und altertümlichen Ausdruck Ehrfurcht.

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1 Antwort zu Angst

  1. Rebsch sagt:

    Und wenn nun der Zustand der Welt zum Fürchten ist, macht es da Sinn, keine Angst zu haben?

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