im Rindenboot

„Die dünne Rinde des Rationalen, in der wir auf dem Irrationalen rudern.“ *
Im Borkenkanu übers Weltenmeer des Irrationalen. Immer wieder der Ausblick der Rudernden, ob festes Land in Sicht sei, aus einem ähnlichen Stoff wie das Boot, das sie rudern.
Fahren sie vorwärts oder rudern sie in Wirklichkeit zurück? Alles Fragen, die ein elementarer, ja geradezu konstitutiver Mangel an Orientierung mit sich bringt.

Es gibt klare Tage, an denen ihnen der Horizont wie eine ferne Küste erscheint. Haben sie jemals eine Küste gesehen oder entnehmen sie bloß ihren Wünschen und der Stofflichkeit des Kanus, das sie rudern, dass es so etwas geben müsse? Inseln, Küsten. Vielleicht zersplittert sich der Horizont bloß in ihren Einbildungen oder optischen Täuschungen.

Wie glatt die Fläche sein kann, auf der sie rudern! Es scheint, sie seien sie mit ihrem Fahrzeug der einzige Grund für die Bewegungen, die sich darauf abzeichnen. Wellen in Linien, die davonlaufen und langsam verschwinden, Wellenkringel von den eintauchenden Rudern und vom herabtropfenden Wasser, sobald die Ruderblätter aus dem Wasser gehoben werden.

*) Robert Musil, Prosa, Dramen, Späte Briefe, 681

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