fingerfertig

Neuerdings, wo wir eher hinter finger- als hinter fastfood her sind, ist Fingerfertigkeit wieder nützlich geworden.
Vorher hat niemand so recht gewusst, wozu sind meine Finger eigentlich fertig? wer hat die denn so fertig gemacht usw.? Jetzt wissen wir, dass Fingerfertigkeit eine Gabe ist, die man von Kindesbeinen an hat. Sie lässt sich durch Übung verbessern. Allerdings: bei einem Menschen mit zwei linken Händen ist auch solch ein Üben umsonst.
Fertige Finger greifen zum fingerfood, ohne dass es auf eigene Kleidung oder fremde Anzüge kleckert. Sogar der Boden wird sauber gehalten vom Fett, das vielleicht herabtriefen könnte.
Derartig begünstigte Menschen erweisen sich als geschickt in der Handhabung der winzigen Holspießchen, mit denen die Bissen aufgestochert und in den Mund geschoben werden. Ananaswürfel, Tintenfischchen, Weinbeeren. Gerade bei Weinbeeren ist große Fingerfertigkeit erforderlich. Die Beere rollt in der Regel im Augenblick, wo man sie aufspießt, davon. Sie rennt und springt, als wollte sie spotten. Das tut sie wohl auch.
Es gibt Menschen, die zungenfertig sind – oder schlagfertig, wie man auch sagt – aber jede Fingerfertigkeit vermissen lassen. Sie bewegen ihre Hände, als hingen statt der Finger zehn Würste daran. Beim Zusammenstehen während eines Empfangs, bei dem auch Fingerfood gereicht wird, haben sie das Nachsehen. Aber sie werden danach die erste beste Gelegenheit nutzen, um ihren fingerfertigen Rivalen mit scharfer Zunge über den Mund zu fahren. Sie werden ihnen mit Pointen und jonglierten Worten die Ohren zuballern und so den Genuss des Fingerfoods, den deren Fingerfertigkeit eingebracht hat, heimzahlen oder vielmehr vermiesen.
Das bestätigt wieder einmal, dass Fertigkeiten, in denen man es zu weit gebracht hat, im sozialen Feld leicht Unfrieden stiften. Sie fahren ihren Eignern Nachteile ein, die den praktischen Nutzen und die Freude, die man für sich selbst an solchen Fertigkeiten hat, bedauerlich trüben.

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