2 Denkmodi

Vermutlich gibt es viele, wahrscheinlich unzählige Modi des Denkens.
Zwei davon fallen sofort ein.
Einer bezieht sich auf eine Form des Nachsinnens, bei der das Niederschreiben eine entscheidende Rolle spielt. Die Gedanken visualieren sich schriftlich, in Worten und Sätzen. Sie werden beim Nachdenken in Zeichen übertragen und kehren aus dem Geschriebenen ins Denken zurück. Die Überlegungen fassen in der Schrift Fuß und geben dem Fortgang Schritt und Tritt. Ohne das Aufschreiben würden sie anfließen und wegströmen, vielleicht auch daherschweben in einer Schwebe, aus der sie nichts herabholen kann außer einer jähen Ablenkung, einer Abwendung der Aufmerksamkeit.
Wenn Schreiben den Gang der Gedanken begleitet, schreiten sie gemessen und gleichsam erhobenen Hauptes . Sie nehmen Haltung an wie Personen, die sich gefilmt und beobachtet wissen. Sie vergewissern sich ihres Aufzugs, ihrer Reihung , ihrer Abfolge.
Es kann den Anschein haben, als bedächten sie mit der Sache, um die es geht, auch sich selbst, ihr Verhältnis unter einander, die tatsächlichen oder denkbaren Beziehungen zur Sache, zu der Angelegenheit, um die es dem Nachdenken jeweils geht.
Diesen Denkmodus könnte man schreibgestützt nennen.

Der andere Modus kommt ohne begleitende Schrift aus. Entweder haben es die Gedanken nicht nötig oder sie haben keine andere Wahl. Sie ziehen aus unerfindlichen Gegenden daher und man wird nie erfahren, wo sie ankommen, ob sie je irgendwo ankommen, nachdem sie das denkende Bewusstsein passiert haben und dem Aufmerken entschwunden sind. Oft bleiben sie irgendwo hängen, in einem anderen Ohr, wenn sie laut gesprochen wurden, an einem anderen Ort. Oder in einem Gestrüpp, wie der Widder, den Abraham an den Hörnern packte, um ihn an Isaaks Statt zu opfern.
Diese Gedanken sind oft der Art, dass eine Hand, die zum Schreiben ansetzt, sie stören und sogleich verscheuchen würde. Das lassen sie sich nicht gefallen. Sie sehen es schon als Entgegenkommen, ihre Bereitschaft, sich in Worte zu zwängen, sich ins innere Gespräch zu bringen oder gar ausdrücken zu lassen, im Gesprochenen ausgesetzt.
Diesen Denkmodus möchte man den schreibgeschützten nennen.

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