Wortverschleiß

Als in der Sprache, im Sprechen lebende Wesen sind wir immer wieder betroffen vom Verschleiß, der merkwürdigerweise immer wieder gerade die Grundworte der Sprache, die Elementarbegriffe gemeinschaftlichen Lebens betrifft: Gnade, Demut, inzwischen auch Liebe. Wie Herz ist auch Liebe in vielen Hinsichten unverwendbar geworden, zerschlissen, fade, lädiert, entleert. Und doch sind Herz und Liebe keineswegs aus dem Verkehr gezogen. Sie halten sich wacker gegen den Missbrauch, der mit ihnen betrieben worden ist und betrieben wird. Der zähe Fortbestand des ‚Herzens‘ ist nicht nur einer immer subtileren Operations- und Transplantationstechnik geschuldet. Auch ‚die Liebe‘ verdankt ihre fortwährende Aktualität sicherlich nicht nur der überwertigen Einschätzung gewisser unvermeidlicher Triebregungen.
Jedenfalls hat die leichtfertige Weise, mit der sie gehandelt werden in den losen und flüchtigen Beziehungen, die zwischen Menschen eintreten und sich ebenso rasch wieder auflösen, beide nicht durchweg in Verruf bringen könnten – bislang jedenfalls –.
Herzliche Grüße sind immer noch im Schwange und kein Mensch nimmt Anstoß, dass die gewerblichen Leistungen einer Prostituierten als Liebesdienste deklariert werden.
Die teils kitschige, teils ironische Pointe, die darin liegt, dass ‚Herz‘ sich mit ‚Schmerz‘ reimt, hat nicht verhindern können, dass im Liebeskummer diese beiden doch immer wieder zu einander finden.

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