Die engagiertesten Gegner des täglichen Aufzeichnens findet man unter den Tagebuchschreibern.
Den Tag Revue passieren zu lassen halten sie für eine unsinnige Schau. Diarien sind eine Unsitte, eine üble Gewohnheit. Ein befremdender Einschlag in den ansonsten sinnvollen alltäglichen Ablauf. Du drehst dich neunzig Grad um die eigene Achse, wirst eingeholt von schlechten Gefühlen, halbherzigen Entschlüssen, defekten oder abhanden gekommenen Erinnerungen. Oder du kaust sie wieder, die schönen Stellen. Das Hohle holt dich ein und spottet deiner Rechtfertigungsversuche , du tätest als Buchhalter und Ökonom ja nichts andres als bloß eine Pflicht.
Die Unberechenbarkeit der künftigen Perioden (über die sich daher ja nichts Gültiges sagen lässt), mag zum Tagebuchschreiben anhalten. Oder die Notwendigkeit, aus gewissen Worten und festen Sätzen tagtäglich ein Bollwerk aufzurichten, eine Gegen-Warte gegen die Nächte zum Beispiel, die mit viel opulenteren Geschichten und Träumen aufwarten.