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Neben den Erkenntnissen, die einem durch Hub, Schub und Schrecken beigebracht werden, gibt es die „stillen Einsichten, denen man davonfließt, als wären sie an Ufern aufgestellt …“ Diesen ’stillen Einsichten‘ fehlt jedes gewaltsame Moment: „… man sieht sie bloß, während man an ihnen als Fluss vorbeischwimmt.“ *
Daher fällt selbst der Abschied von ihnen schmerzlos und sanft aus.
Ja, er findet in Wahrheit gar nicht statt.
Das „panta rhei“, des Heraklit, das „alles fließt“ gibt dem Fluss zwischen Himmel und Ozean seine schier unendliche Dauer.
Die stillen Einsichten fahren fort, sich in der Strömung zu spiegeln.
Sie bleiben als bewegliche Bilder auf dem Rücken des Flusses bewahrt.

Auf seinem Rücken, nicht auf seiner Oberfläche.

Das Davonfließen ist eine Art Täuschung, während die Spiegelung, bei aller Veränderlichkeit, dem Fluss erhalten bleibt, so lange er seinen gemächlichen Gang zwischen den Ufern beibehält und den dort aufgestellten Einsichten Gelegenheit gibt, sich in den Wassern wieder und wieder zu erkennen.

E. Canetti, Nachträge aus Hampstead, 160

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