Wenn man wüsste, was mit den Gedanken geschieht, die man erdacht hat, die einem kommen und gehen, vielleicht würde man sich künftig mehr davor hüten, vor ihrem Besuch, vor ihrer Ankunft, vor ihren Niederkünften.
Sie lösen sich in Nichts auf – das ist ein billiger Trost.
Sie setzen sich in irgendeine Tat um und gehen in Aktionen verloren.
Sie verpuffen oder verschwinden wie Atemluft an einem kalten Tag.
Das alles könnten Ausreden sein.
Wir meinen immer noch, sie würden uns meinen, wenn sie zur Türe hereinkommen. Erwartete Gedanken, die durch den Eingang kommen, an dem die Aufmerksamkeit Pförtnerdienste verrichtet. Aber sie kommen auch durchs Fenster, ja durch geschlossene Wände, aus Glühbirnen und steigen natürlich immer wieder aus Bücherrücken und anderen Zufälligkeiten hervor.
Es gibt eine ungeschriebene Verantwortung für ihr Dasein, dem man schreibend oder sinnend versucht Rechnung zu tragen. Manche gibt man im Gespräch weiter, andere wehrt man auch ab. Die Zahl der abgewehrten Gedanken ist Legion. Vielleicht wird man dafür in Abständen zur Rechenschaft gezogen. Mancher melancholische Anflug geht auf sie womöglich zurück. Es bleibt nicht ungestraft, dass einer sie aussperrt und sich nichts dabei denkt.
„Wenn man wirklich wüsste, was mit den eigensten Gedanken geschieht, würde man sich wohl davor hüten, je einen zu haben.“ *
*) Elias Canetti, Nachträge aus Hampstead, 1994, 46