„Der Himmel als Sieb“ *, durchlässig und abhaltend zugleich.
In einer jesuanischen Bildrede wird der Himmel mit einem Netz verglichen (Matthäus 13,47).
Aber warum nicht auch ein Sieb?
In einem Netz, das durchs Wasser gezogen wird, fängt sich Treibendes, Schwimmendes, Tauchendes – bloß alles Fließende strömt ungehindert hindurch.
Canetti fragt nicht danach, was im Himmelssieb hängen bleibt.
Ihn interessiert die Welt, „eine Welt unter einem solchen Himmel“. *
Wie sieht sie aus? Von welcher Beschaffenheit könnte sie sein?
„Das veränderliche Himmelssieb, je nach dem Verhalten der Menschen.“ *
Sind z.B. große Löcher wünschenswert, sollen die Öffnungen weit auseinander oder eng zusammen stehen? Passieren die Elemente, Ströme oder Teilchen von unten nach oben oder gibt es ein starkes Streben und Drängen von oben, aus dem Himmel zur Erde hinab? Befindet sich die Tiefe, aus der alles kommt, zu der alles geht, über oder unter dem Sieb?
Wer rüttelt es, dieses Sieb, den Himmel mit all seinen Poren, Lichtern, Nebeln und Sternen?
Weltgeschichte könnte sein alles, was durchs Himmelssieb passiert, staubfein gemahlen.
Vielleicht gehört der Thronengel Metatron zu den Wesen dort oben, die den Schatz, der sich aus dem Verhalten und den Tätigkeiten der Weltbewohner ansammelt, zwischen steinernen Rädern zermalmen. Andere sind diejenigen, die davon herabregnen lassen, das Feine zum Segen, das Grobe zum Fluch, Hagel und Hauch.
Die Geschichte vom Manna, vom „Brot“, das während der Wanderung durch die Wüste vom Himmel herabfiel, könnte nun neu gelesen werden.
*) Elias Canetti, Aufzeichnungen 1973-1984, München/Wien: Hanser 1999, 67