unrechte Gerichtsbarkeit

Gerichte existieren aus unseren Strafbedürfnissen. Diese fordern Gerechtigkeit und kerkern Gerechtigkeit gleichzeitig ein. Gerechtigkeit ist keine, solange sie von Vergeltung und Rache angetrieben wird. Auch gerechte Strafen setzen ein Gewissen in die Welt, das keine Ruhe gibt, das irgendwann zu beißen beginnt und seine Halter anfällt.

Ferse und Haupt

So unterscheidet das biblische Hebräisch zwischen einer richtenden oder urteilenden Gerechtigkeit, din, und einer wohltätigen, „in Liebe getränkten“[1] Gerechtigkeit, zedakah.

Letztere ist eine jüdische Errungenschaft, das Gegenstück, ja Gegenteil jener antiken Idee von Gerechtigkeit, die als unabänderliches und starres Gesetz vorgestellt wurde, eine Gottheit mit verbundenen Augen, mit Schwert und Waage in der Hand. Ein Prinzip, ein Zwang, ananke, dem auch die Götter unterworfen waren. Im Kontrast dazu eben die zedakah mit ihren Freiheitsmomenten und Befreiungschancen. Denn die wohltuende Gerechtigkeit ist als Wirkkraft nicht nur in der Gottheit, sondern auch in der Menschheit verankert.


[1] J. Hamburger, Real-Encyclopädie f. Bibel und Talmud, 1892, s.v. “gerecht”

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