Globen

Zu den sehnlichsten Kinderwünschen vergangener Generationen gehörte ein großer, drehbarer, von innen beleuchteter Globus. Die ganze Welt sollte darauf zu sehen sein, zwar nicht in Gänze sichtbar, aber doch aus jedem Punkt auf der Oberfläche dieser Kugel zu erträumen. Ein Mittelding zwischen Totalität, Detail und Aspekt.
In merkwürdiger Gleichzeitigkeit mit den so genannten Globalisierungsprozessen sind auch derartige Globusse seltener geworden, ja irgendwie aus der Mode gekommen. Vielleicht steuern wir auf Zeiten zu, in denen es auch keine ausfaltbaren Landkarten mehr geben wird. Der Blick auf die Welt rundet sich nicht mehr im Aufblick, den Google gewährt.
Die Erdoberfläche könnte in Wirklichkeit genauso gut plan sein und sich nach allen Seiten hin ins Unbestimmte erstrecken. Vielleicht ist es ja doch keine Kugel, die wir bewohnen, sondern eher wie die Tischtücher, die früher zur Demonstration der Faltengebirgsbildung von den Seiten her zusammengeschoben wurden. Möglicherweise leben wir auf einer riesigen Plane, die von unten ein ständiger Wind wölbt. Das ist doch wahrscheinlicher als jenes kugelrunde, geometrisch selbstbegrenzte Gebilde, das einst in Kinderwünschen vorschwebte.

Wenn dem so ist wäre unendliche Ausbreitung das innere Geheimnis der Fläche, die wir be- oder vielmehr durchwohnen. Wir würden unmerklich zurückkehren zur Anschauung einer irgendwie Ausgedehnten Substanz, zu jener Res Extensa vielleicht, dem Unendlichen Wesen, das seit jeher in uns geraunt und gemunkelt hat. Verblüffend, sich hier wieder zu finden!

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