dissonante Harmonie

„Eine sogenannte Dissonanz ist nur eine weiter auseinanderliegende Konsonanz. – Eine Idee, die mich heute beim Malen unaufhörlich beschäftigt.“ [1]
“ … die heutige malerische und musikalische Dissonanz ist nichts als die Konsonanz von morgen.“ [2]
Raum und Zeit lassen in Dissonanzen eine Konsonanz – vielleicht unzählige Konsonanzen heranreifen. Das wären – und sind –  spannungsreiche und ihrerseits spannende, weil kontrasthaltige Fügungen.
Dissonanzen also, die erst einmal völlig schräg klingen, aber aufhorchen lassen, weil in ihnen, sozusagen in ihrer innersten Ferne – und sei es auch nur ahnungsweise und wie einem „Verhören“ entsprungen – ein Zusammenklang aufscheint.
Das „harmonische“ Moment liegt unauffindbar, jedenfalls zunächst unauffindbar, tief in ihnen und bildet aus dieser Verborgenheit heraus den Horizont mit den Silberstreifen, den Horizont samt der Morgenröte eines symphonischen oder orchestralen Wohlklangs.
Melos, Melodie, anrührend, weil nicht aus irgendeiner Nähe oder Nachbarschaft kommend, sondern aus einer Entrückung, wie sie in nahezu allen Sehnsüchten und Wunschkräften verborgen liegt, „versteckt“.

Analogie von dissonanter Harmonie zum Symbol: auch dieses etwas Auseinandergerissenes, gebrochen, ein exemplarischer Antagonismus, ein Widerspiel von eigentlich Inkompatiblem. Dennoch deutet sich darin ein Moment von Übereinkunft an. Ein Bündnis, nicht bloß ein Stillstand der Waffen. Diese Verheißung trägt und macht die Zuversicht aus, mit der wir in Symbolen und aus ihnen, bei aller Vorläufigkeit und über alle Konflikte hinweg, eine Art messianische Gewissheit einholen.

[1] Franz Marc, n. Farben hören, Hg. Jean-Peter Braun, Witten: ars momentum 2006, 25
[1] Wassily Kandinsky, n. Farben hören, Hg. Jean-Peter Braun, Witten: ars momentum 2006, 45

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