Wieder einmal auf Deck brühe ich Tee für mich auf.
Beim Rühren fällt ein Kloster in Nepal ein, dann der Grundriß der Kathedrale von Chartres, ein Steinboden, eine Salzhalde im Golf von Lyon und weitere Restmuster, die sehr schnell wieder verblassen. Sie haben mit den Reflexen zu tun, die das Meer rundherum auf die Deckdielen malt.
Der Tee, eine Mischung aus Endivien und lachsfarbenen Trompetenbaumblüten, verdampft fast rückstandslos in dünnwandiger Schale. Das geht so rasch, daß keine Zeit bleibt, die Richtungen seines Geschmackes zu sichern.
Von der Decke des Decks, wo ich sitze, hängt Lackmuspapier in die Tasse herab. Die unglückliche Version eines Fliegenfängers, mit dem die Dampfkringel spielen, wie weiter oben der Wind mit der Buddelschifffahne.
Während ich noch sitze, die Brise genieße und die Wärme des Lichts, das aus dem bauchigen Glashimmel fällt, fährt der
Korkstopfen mit ohrenbetäubendem „Plopp“ aus dem Hals.
Im Entweichen der Luft zeichnen sich die Schatten immer geschwinderer Erscheinungen ab, das Nahen schwimmender Eisberge und Reif, der sich in abenteuerlich glitzernden Gebilden auf dem Rand meiner Teetasse festsetzt.
Episode aus AMET 12A, 1992