In den Frühtoderfahrungen spielt der Tunnel, wie wir alle wissen, eine eminent aufgeladene Rolle. Wahrscheinlich gehört auch das Geborenwerden in den Kreis der Erfahrungen, die mit dem Tunnelsymbol ausgestattet sind. Entsprechend variieren die Berichte:
es kommt von der andern Seite des Gangs oder Schachts ein Wesen entgegen, eine Art Fackel schwingend oder selbstleuchtend. Oft ist auch nur eine winzige, allmählich sich vergrößernde Öffnung sichtbar, weit weg am anderen Ende der lang gestreckten Höhlung.
Die Fortbewegung im Tunnel wird manchmal als mühsam und stockend beschrieben, als
ein Stolpern über Schwellen und nicht weiter definierbare Hindernisse, Äste, Knochen, Körperteile, Gleisreste.
Ein Schweben zum jenseitigen Ausgang wird ebenfalls häufig erwähnt, verbunden mit dem Gefühl zunehmender Erleichterung und einer immer stärker werdenden Heiterkeit, als würde sich die helle Öffnung oder auftuende Helligkeit widerspiegeln in einem tief einwärts gelegenen Seelenorgan.
Dem ursprünglichen Wortsinn nach ist tun und tunnel ein großes Gefäß, eine Art Tonne. Die Öffnungen sind erst später dazu gekommen. Vorübergehend verstand man im Englischen darunter eine Vorrichtung aus Reifen und Draht, um darin Rebhühner zum Beispiel zu fangen. Heute sind Tunnel verkehrstechnische Anlagen, die in der Tiefe Menschen, Fahrzeuge oder Versorgungsleitungen durchführen. In dieser Funktion kommen sie der Symbolik, die sie im Seelischen immer wieder ausprägen, glücklicherweise näher als die drahtgeflochtenen
Fallen der angelsächsischen Jäger und Wildsteller.
Das Tunnelsymbol ließe sich übrigens auch in seiner Containerfunktion festmachen, insofern es als Transportmittel dient, als eine Art Vehikel, das in der Zeitspanne, wo die Beförderung erfolgt, vorne und hinten geschlossen ist, um erst am Ziel, nach erfolgter Landung, geöffnet zu werden. So könnte bei den Passagieren unterwegs leicht der Eindruck entstehen, in eine Art Käfig, also eben doch in eine Falle geraten zu sein. Denn niemand von den Insassen kann absolut sicher sein, dass der Container jemals irgendwo ankommt. Oder dass am Landeort sachkundiges Personal sich einfinden wird, um die Ladeluken von außen auch (wieder) zu öffnen.
Bisher wenig Beachtung gefunden hat die Ähnlichkeit einer Tunnelöffnung mit der Zentralziffer Null, die ja ebenfalls Gefäßcharakter hat. Daher ihr alter Name „theca“.
Der Algebraiker Hispestes, ein Zeitgenosse Abraham Abulafias, beschreibt in einem Traum den Flug durch den Schnittpunkt im kosmischen Achsenkreuz. Auch dies ein Null-Punkt, aber auf paradoxe Weise röhrenförmig ausgezogen zu einer Art Hohlschaft oder channel. Hispestes erklärt, um ein Haar durch die Mündung in die vierte Dimension hinausgeschossen zu sein, wäre er nicht Bruchteile vorher erwacht.