zum Süllberg

Wieder zum Süllberg aufgebrochen. Das letzte Mal ist bestimmt schon Jahre her. Es gibt ihn noch – warum also zögern? Er bildet, dies zur Orientierung, eine auch heute noch kultisch genutzte Anhöhe mit eindrucksvollem Bestand an Wald, in dem sich rätselhafte Grundmauerreste und Reminiszenzen heiliger Haine erhalten haben. Süll soll an die vorzeitlich verehrten Borstentiere erinnern, die hier ihre Suhlen hatten. Es hält aber auch die Irminsäule in Erinnerung, germanisch Irminsul, die allerdings umgefallen und verschollen ist.

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Die kultische Nutzung des Süllbergs erfolgt heutigen Tages sorgfältig und landschaftsbezogen. Eine Senke ist dafür gefunden worden, früher einmal als Steinbruch gedacht und gedient, jetzt aber mit steinernen Sitzgelegenheiten versehen. Bodenständiger Fels und Findlinge, die einen oder mehrere Steinkreise andeuten. Auch Eichen, aber schon vor einigen hundert Jahren hier gesetzt, stehen umher und tragen zur Weihe des Ortes bei.

 

Es scheint sich um Feuer- und Blumenrituale zu handeln, die hier begangen werden. Heidenchristliche Zeremonien vielleicht. Darauf deuten die nur leicht angewelkten Feldblumengaben, teils lose ausgestreut, zum Teil in kleinen Sträußen gebunden und auf die Steine gelegt, welche die Feuerstelle umstehen und einfassen.

Ein besonders schönes Blütengebilde ist zwischen die Wurzeln der größten Eiche gelegt, die am oberen Rande der Senke oder Mulde steht und mit ihren Wurzeln wie Arme, Beine und Reptilienleiber in die Tiefe hinabreicht. Dort versammelt sich die Kultgemeinde immer wieder um ein Feuer, das jetzt, am helllichten Tag, allerdings nur noch aus spärlichen Anzeichen, Restwärme und Aschenflug, zu erahnen ist.

Obiges Bild ist von Westen gesehen.

Übrigens scheinen die hier feiernden Menschen freundlichen Gemütes und ohne Feinde, bzw. ihren Gegnern verborgen zu sein. Nirgendwo Verstümmelungen, Zerstörung oder Unrathäufen nicht einmal ansatzweise. Es ist friedlich und schattig in dieser Kuhle, wie auf einem Bild, das Böcklin, Runge und Spitzweg gemeinsam auf Leinwand gebracht haben könnten.

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Von hier ist es nicht weit bis zur Brennnesselgrube. Dies ein sehr anderer Ort. Der Weg dahin ist begleitet und durchsetzt vom Gesang der Vögel, Mücken und Bienen.
Das ist der Süllbergwald, wie er leibt und lebt.


Aber die Brennnesselgrube ist finster, tief und macht Angst. Wovor? Vielleicht weil jede Grube Falle sein und Grab werden könnte. Und diese hier erst recht, Spundloch, Sickergrube voller Kadaver. Unter Bangen, aber in vollem Bedacht geht es in den Trichter hinab. Kein Morast, keine Krokodile, kein Ameisenlöwe, bloß ein sehr dichtes und im Schatten smaragdgrün brennendes Brennnesselmeer, das in einem eigentümlichen Wogen stillhält, sich darin verbirgt.

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