weitere Naturerkundungen

img_0581.jpgVorgedanken: wo fängt Natur an und woimg_0582.jpg hört Landschaft auf?

Das erschließt sich erst beim Erfahren / Ersteigen.
Heimat wiederum – ein teils gemütlicher, teils ungemütlich
gewordener
Begriff mittendrin und dazwischen.

Es gibt keinen rechten Ort zu diesem Begriff,
diverse diffuse Gegenden,
aber keine umrissene Stätte.
Eher ein Gefühl, das mal da
mal dort aufleuchtet. 

Ehe man von Osten nach Hameln kommt, geht es durch die Deisterpforte hindurch. Sie spaltet den Kleinen vom Großen Deister. Eine kleine Porta Westfalica. Hier etwa liegt Springe mit der letzten Bahnstation, die im Großraumverkehr zu erreichen ist. Von dort zweigt man durch die Altstadt ab, an Kirche und unbekanntem Museum vorbei. So erreicht man den von einer langen Mauer umlaufenen Saupark. Aber erst geht es noch ein Stück links seitlich, dann oberhalb der Bundesstraße entlang, die stramm und befahren zur Weser hinabzieht, nach Hameln und ins Wesergebirge. Deswegen die vielen Lastentransporter. Sie befördern Rattenkäfige, Rattenfutter, Rattenköder, Rattengifte und in polierten Klein- und Großbussen die Repliken der Flöten, mit denen der Fänger vorspielte. Alles modern und historisch gefügt. Die Instrumente sind aus blankem Horn und Stahl, seufzen während der Fahrt infolge des Fahrtwindes, der durch sie hindurchbläst. Gummibären und Moosgummimäuse begleiten in allen Farben. Ferntransporter, zum Beispiel aus Rostock, sind ebenfalls unterwegs und steuern entlegene Orte in der Bretagne und im Baskenland an.

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Ehe man, ein sachtes Sträßchen bergan schiebend, in den eigentlichen Wald kommt, dehnt sich in Hanglage ein Rübenfeld aus und grenzt nach mehreren Richtungen. Es ist tiefgrün und schaut schön aus mit einem Hexenbesen, der in der Mitte wächst.

Der Wind gibt einen Spruch hierzu. Er heißt „Verführung“. Ein Mann singt und seufzt ihn, eine Frau, der er gilt, hört ihn:

„Du fängst mich ein mit deinen Träumen

in denen du mich und ich dich

meinen
einander zu treimen.“

Der Hexenbesen im Rübenfeld – erst hat er beschworen, den Spruch, den Wind, und dann hinweggefegt.

Der Naturkunde vernimmt die Worte, schlägt sein Notizbuch auf und trägt ein:

„Lieber Resonanz finden als Spiegelung“

Beim Zuklappen des Notizbuchs schon nicht mehr zu verstehen.

Soll man streichen, löschen, bessern?

Muss Spiegelung durch Reflektion oder gar Reflexion ersetzt werden?

Entdeckungen in freier und unfreier Natur.

So ungefähr das Thema dieser Exkursion.

Unternehmung zwecks Erkundung.

Beim Eingehen in den dunkleren Wald bemerkt der Unternehmer:

er hat seine Fernbrille vergessen. Aufkommender Ärger ist schnell beschwichtigt: wer nichts hat, kann nichts verlieren. So bleibt nirgends liegen. Zu Hause ist die Brille gerettet.


Der Weg zum Kamm, der über den Kleinen Süntel grätengleich entlang läuft wie durch einen steinernen Karpfen oder eine Forelle, findet und verliert sich im Unterholz.

Im Bewusstsein, von ferne an den Parolympischen Spielen teilzunehmen, die zeitgleich in Peking ablaufen, natürlich außer Konkurrenz, schafft man den Aufstieg durch Brombeerranken, Gestrüpp und unzählig naturgegebene Hindernisse, die aus dem Steilhang wie Schranken, Hürden, Barrikaden, Absperrungen hervorspringen und -schießen.

Aber endlich ist es geschafft: die Trostmedaille in irgendeinem parolympischen Vielkampf mit und gegen Natur ist gesichert.

 

Der Grat des Kleinen Süntels ist nach Südwesten geneigt, nach Nordosten senkrecht und felsig abstürzend. Leider gibt es keine Stelle, von wo aus ein Blick in die Tiefe gelingt. Ein zugewachsener Abgrund. Hier wäre ein Seil gut, an einen der verlässlichen Bäume gebunden, die knapp über die Tiefe hinausragen. Aber so wird die felsige Seite des Grates erst später von unten zugänglich.

Am Fuß der Berghalde, in der die Felswand nach unten ausläuft, ist ein Schild anzutreffen. Es warnt vor jähen Fledermäusen, die in den Felswänden lauern und nisten, in dort befindlichen Grotten, Hohlräumen, Tropfsteingebilden. Nächtliche Fledermausstädte, an einem helllichten Tage wie diesem so gut wie verschluckt.img_0587.jpg

 

Zur Erkundung in die Naturmauer klettern. Dort wächst Hirschzunge in img_0592.jpgsmaragdgrünen Wedeln. Eine schimmernde Überraschung im Dunkel der steil abfallenden Kalkwand. Dies der verborgene Ort, wo Hirschzunge röhrt, während Fledermäuse pfeifend durch Ultraschallwelten streifen.

Beim Entlangschieben des Rades auf  knapp bemessenem Felsabsatz wird wieder teilgenommen an den olympischen Behindertenspielen. Diesmal kein Gewinn, weil diese Disziplin nicht anerkannt ist. Aber dabei sein in grüner Umgebung, in einem wild herabstürzenden Raum, dort dabei sein ist in der Tat alles.

 img_0585.jpgDann ans Ende einer Gasse anlangen, schwierige Holzwegvariante. Der Exkursionsleiter steigt aus dem Sattel und nimmt den Anblick digital auf. Hier geht es das nächste Mal einbeinig weiter, verrät er seiner Gefolgschaft, die staunend und stumm in den Sätteln verbleibt.

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