Gedanken zu Bergson

Les données immédiates de la conscience“ lautet der Titel einer Schrift von Henri Bergson.

Mit données sind Gaben gemeint, die dem Bewusstsein zufallen, unvermutet und überraschend: Inspirationen, Eingebungen, Wahrträume, jähe Einsichten, Erleuchtungen und dergleichen.

Sie kommen auf das Bewusstsein zu, das eine einzige Voraussetzung mitbringen muss: die Bereitschaft, zu empfangen. In dieser Bereitwilligkeit steckt die einzig erforderliche Gegengabe. The will to receive. Darin kommt das Bewusstsein dem Strom des Geschehens entgegen, wie jemand, der an einen Fluss herantritt und sich bückt, um daraus zu trinken.

Für immédiate gibt es kein wirklich gleichwertiges Wort im Deutschen. Unmittelbar kommt zwar am nächsten, hat aber, ebenso wie unvermittelt, einen etwas anderen Bedeutungshorizont.

Eine biblische Episode kennzeichnet das Moment der Unmittelbarkeit durch die Art, wie aus einem Wasserlauf getrunken wird: die einen schöpfen mit den Händen, die anderen gehen mit dem Mund ans Wasser herab und trinken, so heißt es in dieser Geschichte, „wie die Hunde“.

Bin mir nicht ganz sicher. Es könnte auch Les dons immédiats heißen. Dann wäre données so viel wie Gegebenheiten.

Wie dem auch sei – dons und données erscheinen in unterschiedlicher und meist unerwarteter Gestalt, manchmal gleichsam optisch oder visuell, in der Art eins Aufblitzens. Manchmal lautförmig, in der Art einer Einflüsterung oder eines Einspruchs. Es gibt sie als Impulse, die den gesamten Gefühlsapparat erschüttern und jeden Widerspruch, den ein logisch oder pragmatisch orientiertes Denken erhebt, außer Kraft setzen.

Fast immer sind sie angelegt auf action, ein Ausdruck im Französischen, der vielleicht mit tätigwerden zu übersetzen ist. Denn die Gaben und Gegebenheiten, die dem Bewusstsein aus dem Geschehensstrom zufließen, sind Antriebe oder Motive, die in Bewegung bleiben und weiterbewegen. Sie wirken sich, spürbar oder unmerklich, auf das gesamte weitere Leben der Person aus, die mit ‚empfangendem’ Bewusstsein ausgestattet ist.

Für données immédiates lässt sich die Bezeichnung événements évidents setzen. Damit werden sie kenntlich gemacht als einleuchtende, gleichsam auf den inneren Augenschein bezogene Geschehnisse, deren faktische Nachweisbarkeit ohne Belang ist.

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